Brennstoffzellen-Antrieb ohne Emissionen: Mit Wasser übers Wasser?
Vor kurzem berichtete Mein Schiffsexperte über die Versuche von Kreuzfahrt-Reedereien, sauberer zu werden. Filtersysteme sollen die Schadstoffe aus dem umstrittenen Schiffsdiesel herausfiltern, Systeme, die das LNG genannte Flüssiggas nutzen, reifen immer weiter aus und sogar erste Hybridschiffe werden in naher Zukunft erwartet. Doch seit einigen Jahren haben Reedereien eine weitere Lösung auf dem Radar: Fast schon unbemerkt arbeitet vor allem die bekannte Meyer Werft in Papenburg und Turku an der Entwicklung effizienter Brennstoffzellen. Emissionen? Fehlanzeige!
Rückblick: Das treibt Kreuzfahrtschiffe an
In unserem Bericht aus dem vergangenen Monat haben wir nicht nur die Problematiken vorgestellt, die mit der Nutzung von Schiffsdiesel einhergehen, sondern auch mögliche Alternativen zu dem umstrittenen Treibstoff vorgestellt. Vielversprechende neue Lösungen sind unter anderem Filtersysteme, die die Abgase von giftigen Partikeln befreien sollen, und das sogenannte LNG. Die Nutzung des Flüssiggases gilt zwar als sauber, allerdings ist die Infrastruktur in den meisten Häfen der Welt nur unzureichend oder überhaupt nicht vorhanden. Deshalb müssen auch LNG-fähige Schiffe oft auf den ungeliebten Schiffsdiesel zurückgreifen.
Mit der Nutzung einer komplett anderen Technologie machte vor kurzem die norwegische Reederei Hurtigruten Schlagzeilen: Sie bringt 2018 das erste Expeditionsschiff auf den Markt, dass sowohl die Spitzen-Eisklasse 1A Super als auch einen Hybridantrieb verfügt. Allerdings: Laut WELT reicht die Kraft des Hybridantriebs nur für 30 Minuten Betrieb auf See.
Emissionsfrei unterwegs dank Brennstoffzellen
Doch es gibt noch eine Innovation: Bereits seit einigen Jahren forschen Wissenschaftler im Auftrag von Reedereien an Möglichkeiten, Brennstoffzellen zur Energiegewinnung auf Kreuzfahrtschiffen einzusetzen, schon 2008 schrieb SPIEGEL ONLINE: „Möglicherweise werden also auch die Schiffe der Zukunft tatsächlich mit Brennstoffzellen zur See fahren - und nichts als Wasser hinterlassen.“ Und genau das ist der Vorteil der Technologie, denn wie die auf den Brennstoffzellen-Website e4ship schreibt, „ist beim Einsatz von Wasser aus erneuerbaren Quellen ein weitgehend emissionsfreier Betrieb der Brennstoffzellen möglich, bei dem lediglich Wasserdampf emittiert wird.“
Meyer Werft betreibt Brennstoffzellen-Programm
Besonders aktiv bei der Entwicklung von leistungsfähigen Brennstoffzellen für Kreuzfahrtschiffe ist die Meyer Werft. Das Unternehmen aus Papenburg, das seit 2014 mit der Meyer Turku Oy eine Tochtergesellschaft in Finnland betreibt, hat im letzten Jahr verkündet, die für Royal Caribbean International gebauten Schiffe der Quantum- (Papenburg) und Icon-Klasse (Turku) sowohl mit LNG-Antrieb als auch mit Brennstoffzellen ausgerüstet. Das berichtete unter anderem die Neue Osnabrücker Zeitung. Die Schiffe sollen zwischen 2022 und 2024 fertiggestellt werden.
Die Meyer Werft ist die vielleicht bekannteste und renommierteste Werft für Kreuzfahrt-Schiffe, auch TUI Cruises und AIDA lassen ihre Schiffe in Papenburg und Turku bauen, wobei die beiden neuesten AIDA Schiffe, AIDAprima und AIDAperla, in Japan gebaut wurden beziehungsweise werden. Was die Meyer Werft mit ihrem Brennstoffzellen-Programm erreichen will und wie die Ingenieure an der Entwicklung der Technik arbeiten, sehen Sie in diesem Video:
Einfach aber genial: So funktioniert die Brennstoffzelle
Wie man im Video der Meyer Werft sehen kann, ist die die Funktionsweise der Brennstoffzelle in der Theorie simpel: Die Technik macht sich die Eigenschaft des Wasserstoffs, mit Sauerstoffmolekülen zu Wasser reagieren zu „wollen“, zunutze und gewinnt die dabei entstehende Energie. Innerhalb der Zelle wird das dem Wasserstoff-Molekül anhaftende Elektron durch eine Membran isoliert, beziehungsweise vom Atomkern getrennt. Das isolierte Elektron legt nun den Weg zwischen zwei Elektroden zurück und erzeugt so Strom und Wärme. Ist dieser Prozess abgeschlossen, vereinigen sich alle zuvor getrennten Moleküle zu Wasser.
Noch steht die Technik am Anfang
Um ein Kreuzfahrtschiff mit Energie zu versorgen, reicht eine Brennstoffzelle nicht aus. Deshalb werden die Zellen zu sogenannten Stacks gestapelt, in denen unzählige Moleküle gleichzeitig reagieren können. Doch um ein hochseetaugliches Kreuzfahrtschiff tatsächlich antreiben zu können, muss die Entwicklung noch weiter fortschreiten. Aktuell liegt der Fokus der Entwickler laut Deutschlandfunk vor allem darauf, die Stromversorgung an Bord durch Brennstoffzellen voranzutreiben und in den nächsten Jahren Flusskreuzfahrtschiffe und Fähren mit einer entsprechenden Antriebstechnologie auszustatten. Bis Kreuzfahrt-Passagiere auf den Weltmeeren sich über einen emissions- und geräuscharmen Antrieb auf ihrem persönlichen Traumschiff freuen können, werden also höchstwahrscheinlich noch mehrere Jahre vergehen, doch bei kontinuierlicher Weiterentwicklung könnten Brennstoffzellen die Schifffahrts-Branche nachhaltig revolutionieren.