Farbenfrohes Flaggenchaos: Warum es keine „deutschen“ Kreuzfahrtschiffe gibt
Stellen Sie sich vor, Sie stehen am Hamburger Hafen. Langsam nähert sich die Mein Schiff 5 auf der Elbe ihrem Terminal. Eindrucksvoll gleitet das riesige Schiff an Ihnen vorbei. Sie schauen nach oben und erblicken am Heck die Flagge Maltas. Doch warum ausgerechnet Malta? Dass Reedereien ihre Schiffe in ungewöhnlichen Ländern wie den Bermudas oder Liberia registrieren, hat mehrere Gründe - und Vorteile für die Passagiere. Im Fall der Mein Schiff-Flotte profitieren die Passagiere sogar ganz besonders von der so genannten Ausflaggung.
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Steuerliche Gründe oft ausschlaggebend
Wenn ein Schiff die Nationalflagge wechselt, ohne den Besitzer zu wechseln, nennt man das in der Fachsprache Ausflaggung. Der Heimathafen eines Schiffes richtet sich nach dem Land, in dem es registriert ist. Dieser muss sich auf dem Gebiet des Staates befinden, unter dessen Flagge das Schiff fährt. Eine wichtige Rolle spielt er jedoch in vielen Fällen nicht. Es gibt Schiffe, die noch nie in ihrem jeweiligen Heimathafen gesehen wurden.
Doch warum setzen Reeder so häufig auf Ausflaggungen, sowohl in der Kreuzfahrt- als auch in der Frachtschifffahrt? Der Hauptgrund liegt in den erheblichen Steuerersparnissen, die das Fahren unter einer „fremden“ Flagge mit sich bringt. Sowohl die Erträge des Schiffes als auch die die Gehälter der Crew, die sogenannten Heuern, werden laut der ZEIT in klassischen „Ausflaggungsländern“ deutlich geringer besteuert. Zu den oft abfällig als Billigflaggen bezeichneten Nationalfarben gehören neben Liberia und Panama vor allem die Farben karibischer Staaten wie Bermuda, Bahamas oder Barbados. Auch die Arbeitgeber-Gesetze sind dort meist lockerer als in europäischen Staaten: Die Reedereien haben hier beispielsweise mehr Freiheiten bei der Auswahl des Personals.
Gängige Praxis in der Kreuzfahrt-Branche
Es gibt laut einem WirtschftsWoche-Artikel aus dem Jahr 2018 kein einziges deutsches Kreuzfahrtschiff, das auch tatsächlich unter deutscher Flagge fährt.Die MS Deutschland, bekannt aus der TV-Serie „Traumschiff“, war lange Zeit die einzige Ausnahme. Laut Online-Enzyklopädie Wikipedia fuhr sie unter deutscher Flagge bis 2015. Inzwischen führt die Deutschland die bahamische Flagge. Ihre immer wieder diskutierte Ausflaggung war von Protesten begleitet und erzeugte ein großes öffentliches Interesse. Auch die Reederei der MS Deutschland musste sich letztlich den Realitäten des Kreuzfahrtmarktes anpassen, wo es unter deutscher Flagge kaum möglich ist, sowohl profitabel zu arbeiten als auch erschwingliche Preise anzubieten.
„Günstige“ Flaggen kein Freifahrtschein
Wer jedoch glaubt, sogenannte Billigflaggen seien ein Weg um die Sicherheit und Hygiene an Bord vernachlässigen zu können, der irrt. Denn die Länder, in denen die Ozeanriesen an Land gehen, führen längst eigene Kontrollen durch, um sicherzugehen, dass Schiffe keine Gefahr für ihre Seewege darstellen. Berüchtigt ist hier beispielsweise die US-amerikanische Behörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention), die für ihre strengen Kontrollen bekannt ist und durch ihr Eingreifen immer wieder Aufsehen erregt. Auf der Webseite der CDC führt die Organisation eine Liste mit Krankheits-Zwischenfällen auf internationalen Kreuzfahrtschiffen. Natürlich wird auch in Deutschland die sogenannte Hafenstaatkontrolle durchgeführt. Besteht ein Schiff die Tests nicht, droht ein Hafenverbot oder das Schiff wird festgesetzt. Das können Sie der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur entnehmen.
Ausländische Flaggen bringen auch Vorteile
In manchen Fällen bieten Schiffe, die unter ausländischer Flagge fahren, Passagieren jedoch auch Möglichkeiten, die ihnen unter deutscher Flagge verwehrt bleiben würden. Das wohl bekannteste Beispiel hierfür ist die Möglichkeit für Paare, sich an Bord eines Schiffes vom Kapitän trauen zu lassen. Dies ist nur unter sehr wenigen Flaggen möglich, lediglich Malta und Bermuda, sowie unter bestimmten Auflagen die Bahamas, erlauben Vermählungen durch Kapitäne auf hoher See. Paare, die sich an Bord der Mein Schiff-Flotte das Ja-Wort geben möchten, können sich freuen: Dank der maltesischen Flagge, unter der die Schiffe fahren, ist eine Trauung möglich. Da Malta zur EU gehört, wird die Ehe zudem umgehend in Deutschland anerkannt! Wünschen Sie weitere Informationen? Dann schauen Sie sich doch einmal unseren Beitrag zum Thema Heiraten an Bord von Mein Schiff an!
Titelbild: © TUI Cruises