Reiserecht auf See: Aktuelle Würzburger Tabelle erschienen
Schlechtes Wetter, ständige Ruhestörungen in der Nacht oder sogar medizinische Notfälle: Die Liste der Faktoren, die einen Urlaub zur Nervenprobe werden lassen können, ist lang. Selbstverständlich ist man auch auf einem Kreuzfahrtschiff vor eventuellen Un- und Zwischenfällen nicht gefeit. Doch wann kann ich als unzufriedener Gast Teilrückzahlungen oder sogar eine Rückerstattung des Reisepreises verlangen? Das erklärt der Rechtsanwalt Kay P. Rodegra mit seiner jetzt für das Jahr 2017 aktualisierten „Würzburger Tabelle zum Reiserecht bei Kreuzfahrten“ – und fördert dabei manchmal Erstaunliches zutage. Wichtig ist vor allem: Auf die Feinheiten kommt es an!
Anteilige Rückzahlung oft möglich
„Der Reisekunde kauft ein Gesamtpaket an Reiseleistungen ein und bei einer teilweisen Beeinträchtigung erfährt dieses Reisepaket als Ganzes eine Wertminderung, da der Reisende seine Verärgerung darüber, oder auch mögliche körperliche und seelische Schäden, nicht auf einen abtrennbaren Teil der Reise beschränken kann und will.“, erklärt Rodegra in seiner Einleitung zur aktuellen „Würzburger Tabelle“. Das heißt: Sollte ein gebuchter und damit bezahlter Teil des „Reisepakets“ nicht dem entsprechen, was der Reiseveranstalter im Vorfeld beworben hat, so kann eine Preisminderung möglich sein.
Personal muss durchgreifen
Reisende sollten jedoch beachten, dass dies nur für Faktoren gilt, die der Reiseveranstalter selbst beeinflussen kann oder erwiesenermaßen versucht hat zu beeinflussen: So sind beispielsweise betrunkene Mitreisende an sich kein Grund für eine Rückzahlung - lediglich wenn der Gast nachweisen kann, dass das Schiffspersonal ein bestimmtes Fehlverhalten trotz Hinweisen durchgehen lässt, könnte eine Preisminderung erfolgen. Halten sich also beispielsweise Gäste nicht an die vorgeschriebene Kleiderordnung oder bestehende Rauchverbote und die Crew lässt dies zu, ist dies ein beeinflussbarer Faktor, der eventuell für eine erfolgreiche Beschwerde ausreicht.
Feinheiten beachten
Grundsätzlich sollten sich Reisende vor einer eventuellen Beschwerde über die Feinheiten und Regelungen bei einer Kreuzfahrt im Klaren sein. Wussten Sie beispielsweise, dass der Schiffsarzt kein „Erfüllungsgehilfe“ der Reisegesellschaft ist und diese deshalb nicht für eventuelle Behandlungsfehler verantwortlich gemacht werden kann? Oder dass Kreuzfahrtschiffe unterwegs ihre Route ändern dürfen, allerdings nur wegen des Wetters? Dies zeigt ein Fallbeispiel aus der „Würzburger Tabelle“: Wenn ein Schiff auf seiner Reise einen oder mehrere Häfen auslässt, ist zwar eine Preisminderung von bis zu 50 Prozent möglich. Ist die Routenänderung jedoch durch das schlechte Wetter bedingt, gilt dies als „höhere Gewalt“. Und die kann kein Reiseveranstalter der Welt beeinflussen.
Kostenlos online einsehbar
Insgesamt umfasst die aktualisierte „Würzburger Tabelle“ 90 Seiten. Neben Präzedenzfällen und Ratschlägen zu Beschwerden finden sich in dem Dokument auch allgemeine Reisetipps, mithilfe derer sich das Risiko einer Beschwerde von vornherein verringern lässt. Wer die Tabelle lieber zu Hause oder sogar mit an Bord haben möchte, kann sich diese gemeinsam mit weiteren Tipps und Hinweisen in Kay P. Rodegras Buch „Mein Recht bei Kreuzfahrten“ besorgen. Zudem beantwortet der Rechtsanwalt auf seiner Website mit den „Kreuzfahrtfragen der Woche“ die aktuellen Fragen seiner Leserinnen und Leser.